Re: 52. Int. Osnabrücker ADAC Bergrennen 3. – 4.August 2019
geschrieben von:
MSCOS
()
Datum: 23. Juli 2019 09:09
In ein paar Tagen startet das diesjährige Borgloher Bergrennen.
Hier noch ein paar neue Infos:
Triple mit Doppelherz
Wovon andere Motorsportler nur träumen, hat er gleich mehrfach erlebt: Jochi Kleint startete 1985, 1986 und 1987 beim Pikes Peak International Hillclimb. Dreimal Adrenalin – und eine offene Rechnung.
Jochi Kleint dreht seinen Helm in den Händen. Der orangefarbene Aufkleber der Rennleitung zeugt noch von dem Bergabenteuer mit dem Power-Golf. Kleint tippt energisch darauf und seine Augen leuchten: „Pikes Peak gehört zu den absoluten Highlights meiner Kariere!“
Eine gestandene Motorsportgröße, unzählige Pokale und Auszeichnungen zeugen von seinen erfolgreichen Rallye-Einsätzen – Jochi Kleint aber bleibt hanseatisch bescheiden. 1966 startet Kleint als 18-Jähriger seine Rallye-Karriere. 1977 wird er der erste Volkswagen Werksfahrer. 1978 siegt Kleint bei der Deutschen Rallyecross-Meisterschaft („Estering-Pokal“), startet bei der Rallye Monte Carlo. 1979 wird Kleint Rallye-Europameister, nimmt 1987 den Siegerkranz der Rallye Deutschland mit nach Hamburg. 1994 beendet er seine aktive Motorsportkarriere.
Als Volkswagen Werksfahrer kommt Kleint früh mit motorsportlichen Innovationen in Berührung, so manches Rennfahrzeug parkt auf der heimischen Auffahrt. Als einer der Ersten testet Kleint die Bi-Motor-Fahrzeuge, die Volkswagen Motorsport zusammen mit Konstrukteur Kurt Bergmann entwickelt. Als Volkswagen beim Pikes Peak International Hill Climb mit einem Golf II mit Doppelmotor startet, ist Kleint die konsequente Fahrerwahl.
Colorado Springs, 1985. Das „Training“ absolviert Kleint in einem amerikanischen Straßenkreuzer. „Am Pikes Peak kannst du nicht richtig trainieren, es ist eben eine Touristenattraktion. Also sind wir mit dem Ami-Koffer den Berg hochgefahren. Als der Achtventiler schnell schwächelte und das Wasser früh kochte, war klar, dass der Pikes Peak ein harter Gegner ist.“ Für Team und Technik ist die Höhe eine enorme Herausforderung.
Vorbereitung ist alles bei diesem harten Bergrennen. Kleint spricht sich den Aufschrieb mit einem Diktiergerät auf, hört ihn immer und immer wieder ab. „Die Strecke musste sitzen, jede einzelne Kurve. Kuppen, blinde Ecken, Sonne – der Pikes Peak verzeiht keinen Fehler.“
Außergewöhnlich auch die Atmosphäre. Das Fahrerlager: bunt, offen, abenteuerlich. Fahrzeuge aller Renn-Klassen stehen nebeneinander am Wegesrand. An der Strecke erleben Zuschauer mit Klappstühlen, Kaltgetränken und Klampfe das Spektakel hautnah. Für Kleint bis heute unvergessen.
Das Debüt 1985 gelingt. „Das Fahrzeugkonzept – eine gute Idee! Vier angetriebene Räder auf losem Untergrund, super.“ Kleint und der Bi-Motor-Golf II schlagen sich wacker. Das Volkwagen Team kann den dritten Platz behaupten. „Ich war überrascht, dass es so gut geklappt hat und dass die Saugmotoren nicht in der Höhe versagt haben. Zudem wurde ich ausgezeichnet: als „Rookie of the year.“ Kleints Begeisterung ist 33 Jahre später noch spürbar.
1986 wird mit einem modifizierten Bi-Motor-Golf erneut am Pikes Peak gestartet. Die Erwartungen sind gestiegen, werden aber mit einem vierten Platz enttäuscht. „Für den nächsten Start ergab sich daraus ein großer Lernprozess. 1987 wollten wir es dann richtig wissen“, resumiert Kleint knapp.
Der Twin-Golf mit mehr als 441 kW/600 PS macht 1987 Eindruck am Pikes Peak. Auch bei der Konkurrenz, wie Kleint von Freund und Konkurrent Walter Röhrl weiß. Am 11. Juli 1987 geht’s um Ganze. Hoch konzentriert gibt Kleint alles. „Ich hatte eine tolle Zwischenzeit, lag knapp hinter Walter. Das war sensationell, grad gegen das „Monster“ Audi Sport quattro S1.“ Doch dann endet die Erfolgsfahrt jäh. Kleint bemerkt Probleme mit der Radaufhängung. Die Zielfahne bereits im Blick, folgt wenige Meter zuvor das Aus. Sein erster Gedanke? „Shit!“, lautet Kleints nordisch-direkte Antwort. Die Emotionen kommen zeitversetzt: Wut, Enttäuschung, Fassungslosigkeit. „Da ist man so gut vorbereitet, hat einen superstarken Prototyp mit Doppelherz, fährt einen perfekten Lauf. Und dann vermasselt ein gebrochener Schmiernippel alles. Kleines Teil, große Wirkung.“
Seit 1987 hat Jochi Kleint noch eine Rechnung offen. Eigentlich. „Ich hätte gern noch Pikes Peak gewonnen, aber mit 70 muss ich da nicht mehr antreten.
Volkswagen WRX
Volkswagen würfelt seit einigen die Rallyecross-Szene mächtig durcheinander. Fast jedes Rennen (12 Rennen – 11 Siege in 2018) konnte das Team PSRX für sich dabei entscheiden. Der im Rallyecross eingesetzte Polo WRX entspricht dabei nicht der aktuellen Modellgeneration, sondern nutzt die Technik, die Volkswagen schon seit Jahren im Rallyesport einsetzt. Auf der Rundstrecke liegt dabei der Vorteil des WRX (6 C) gegenüber der aktuellen Generation (Polo Typ AW) auf der Hand: ein 6 cm kürzerer Radstand, der das ganze Gefährt zügiger um die Kurven fahren lässt. Außerdem verfügt der WRX anstatt mit 1.6 l Hubraum, über eine 2.0 l-Maschine. Das sorgt für erheblich mehr Leistung, der 4-Zylinder-TSI verfügt somit über 570 PS und 650 Nm Drehmoment, dafür sind 3 bar Ladedruck nötig. Nur aufgrund der Luftmengenbegrenzung der FIA von 45 Millimeter wird die Leistung hier gedrosselt, technisch wäre noch mehr möglich, denn auch das Minimalgewicht von 1.300 Kg wird hier nicht überboten. Kevlar-Kotflügel, Carbon-Heckklappen- und -türen sowie Makrolonscheiben senken das Gewicht sogar noch unter die von der FIA vorgeschriebene Mindestanforderung um 200 kg. Nur Zusatzgewichte bringen laut Volkswagen Motorsport den Polo-WRC wieder zurück auf die FIA-Norm. Durch die Zusatzgewichte kann die Verteilung des Mehrgewichts die Balance des Fahrzeugs optimieren und somit das Handling und die Traktion gezielt steigern. Um das Auto zu perfektionieren, verfügt der Polo WRX im Gegensatz zu den Serien-Polos über ein Allrad-System. Auch hier gibt es von Seiten der FIA ein klares Reglement, wie die Kraftverteilung auszusehen hat. Genau 50% der Leistung darf permanent auf die Vorder- und Hinterachse gehen, kein Prozent mehr oder weniger. Diese exakte Kraftverteilung wird über ein Zentraldifferenzial zwischen den Vorder- und Hinterachsen sowie Lamellensperrdifferenziale gewährleistet. Unter optimalen Bedingungen ist so der Sprint aus dem Stand heraus von 0 auf 100 Stundenkilometer in nur 1,9 Sekunden möglich. Ideal um auf der Borgloher Startgeraden das Potential dieser „Rennmaschine“ bis ans Limit zu testen. Ein absoluter Augen- und Ohrenschmaus, der in Kooperation von Volkswagen mit der STARKE-Gruppe Osnabrück präsentiert wird.